Inbetriebnahme des Abwasserkanals Emscher

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Am 24. September 2018 wurde der erste Teil des Abwasserkanals Emscher in Betrieb genommen. Ein System das die Abwässer von ca. 2,3 Millionen Einwohnern sowie von Gewerbe und Industrie im Ruhrgebiet aufnehmen wird.

Das Projekt, das schon 1992 eingeleitet wurde, umfaßt etwa 51 km unterirdischer Abwasserkanalisation zwischen Dortmund und Dinslaken. Die ersten 35 km - zwischen Dortmund und Bottrop - sind bereits geflutet. Es fehlen nur noch wenige Kilometer Abwasserkanal bis Dinslaken, die voraussichtlich 2021 in Betrieb genommen werden. 

Die Ahlenberg Ingenieure GmbH ist seit fast 20 Jahren in diesem Projekt, das vielfältige fachtechnischen Anforderungen gestellt hat, tätig. 

Ziel dieses Projektes ist es ein zuverläßiges Abwassersystem für das Ruhrgebiet zu bauen und die Renaturierung der Emscher und ihrer Nebenflüße zu ermöglichen.

 

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Abwasserkanal Emscher
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Ein historischer Rückblick

Die Emscher ist ein Nebenfluss des Rheins und fließt mit geringem Gefälle durch das dicht besiedelte Ruhrgebiet. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Emscher und ihre Nebenläufe, aufgrund der rasanten industriellen Entwicklung und des hohen Bevölkerungswachstums,  zur Abwasserentsorgung  genutzt.

Wegen der, durch in weiten Bereichen betriebenen untertägigen Steinkohlenbergbau und dadurch hervorgerufenen Erdsenkungen im Ruhrgebiet, waren unterirdische Kanäle über längere Strecken damals nicht denkbar, da sie bei Bergsenkungen beschädigt worden wären. Daher wurde der Fluss als offener Schmutzwasserlauf verwendet.

Die Senkungen trugen dazu bei, dass die natürliche Vorflut der Gewässer gestört war und der Abtransport der wachsenden Abwassermengen nicht mehr sichergestellt war. Nach Gründung Deutschlands ersten Wasserwirtschaftsverband "Emschergenossenschaft" im Jahre 1899, wurden diese Gewässer zu einem System von ausgebauten, offenen Abwässerläufen umgebaut, die in der Lage waren, die Abwassermenge sicher zu transportieren und die geordnete Vorflut wieder herzustellen.

Über 100 Jahre später,  seit den 1990er Jahren, wird dieses System durch den Neubau des Abwasserkanals Emscher umgebaut.

 

Neubau des Abwasserkanals Emscher

Durch den Rückgang des Bergbaus sind die Bergsenkungen im Ein­zugsgebiet der Emscher nahezu abgeklungen, sodass nunmehr die technisch ausgebauten Gewässer vom Abwasser entfrachtet werden können und durch technische Umgestaltung, verbunden mit der Etablierung einer Regenwasserbewirtschaftung, zu naturnahen Gewäs­sern zurückgebaut werden können.

Im Auftrag der Emschergenossenschaft hat unser Ingenieurbüro in Arbeitsgemeinschaft mit einem weiteren geotechnischen Büro an diesem bedeutenden Projekt mit umfangreichen Leistungen teilgenommen.

In der ersten Phase des Projektes haben unsere Ingenieure eine Historische-, Bauhindernis- und Leitungsrecherche durchgeführt, sowie die Konzeption eines Baugrunderkundungsprogramms entwickelt.

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Die extreme Tiefenlage des Abwasserkanals Emscher ist eine technische Herausforderung, denn das System unterfährt, bis in einer Tiefe von annähernd 40 Metern, Straßen- und Autobahnstrecken, den Rhein-Herne-Kanal und seine Schleusen, Bahnstrecken und Industriegebiete. 

Den besonderen Anforderungen des Projekts durch die teilweise komplizierte Geologie an der Grenzschicht zwischen den quartären Schichten und dem Emscher Mergel sowie die überwiegende Lage im Ballungs­gebiet der Städte und wichtiger Infrastruktureinrichtungen wurde durch eine besonders intensive Baugrunderkundung und geotechnische Beratung Rechnung getragen.

Seit der Einweihung des Kanals, im September 2018, wird das Abwasser unterirdisch parallel zur Emscher transportiert, sodass die Oberflächengewässer lediglich den natürlichen Abfluss, Grundwasser sowie Regenwasser zu transportieren haben und daher naturnah umgestaltet werden können. Die Abwässer werden dem Hauptkanal über unterirdische Kanäle, die parallel zu den Nebenläufen der Emscher entstehen, zugeführt. Das unterirdische Kanalsystem hat eine Gesamtlänge von 430 km.

Am Startschacht in Dortmund hat der Kanal eine Tiefenlage von ca. 8 Metern. Dann bohrt er sich bei einem stetigen Gefälle von 1,50 Meter je Kilometer bis zu 40 Metern tief in die Erde.

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Die Ahlenberg Ingenieure GmbH hat zur Ausführungsplanung der Infrastruktur geotechnische Feld- und Laboruntersuchungen, tunnelbautechnische Beratung, Gründungsberatung sowie geohydraulische Simulationen und Berechnungen mit FEM beigetragen.

Auch die Entwicklung eines Bodenmanagementkonzeptes für das Projekt und eine detailierte Gefährdungsabschätzung wurde von unserem Team geleistet. Hindernisse, Altlasten und geologisch kritische Räume wurden identifiziert und bei der Trassenfestlegung umgangen. 

Vorteilhaft an die außergewöhnliche Tiefenlage des Abwasserkanals ist, daß die Seitenkanäle aus den Nebeneinzugsgebieten der Emscher in freiem Gefälle zum Hauptkanal angeschlossen werden können.

Unser Ingenieurbüro hat geophysikalische Versuche konzipiert und überwacht und war auch für die Konzeption eines geotechnischen Messprogramms verantwortlich.

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Der Abschnitt zwischen Dortmund-Nette und Bottrop-Welheimer Mark umfasst ca. 80 Schachtbau­werke mit Durchmessern zwischen 12 m und 25 m und Tiefen bis zu 35 m.

Um die großen Wassermengen aus dem tiefliegenden Kanal den Kläranlagen zuzuleiten sind in Bottrop und Gelsenkirchen zwei Pumpwerke mit einem Baugrubendurchmesser von rund 40 m und einer Tiefe von annähernd 40 m gebaut worden. Einen drittes Pumpwerk bei Oberhausen kurz vor Dinslaken ist im Bau befindlich.

Der Abwassersammler wurde mit Nennweiten zwischen DN 1400 und DN 2800 in Tiefenlagen von 17 m bis 35 m in grabenloser Bauweise verlegt. Die Vortriebslängen zwischen zwei Schächten betragen dabei bis zu 1200 m, einer für die ausgeführten Durchmesser ungewöhnlich großen Entfernung.

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Die Ahlenberg Ingenieure GmbH war auch bei der Baudurchführung dieses Projektes tätig. Unser Team hat geotechnische- und tunnelbautechnische Beratung, Fachbauleitung für die Baugrundbohrungen, geotechnische Beratung im Spezialtiefbau und bodenkundliche Baubegleitung erbracht.

Die Aufwertung der Emscherregion durch den Neubau des Abwasserkanals Emscher ist eines der größten Infrastrukturprojekte Europas, für die man eine Mindestnutzungsdauer von 100 Jahren festgelegt hat.

Laut Angaben der Emschergenossenschaft, soll die Emscher ab Ende 2021 abwasserfrei und sauber sein. Hauptziel der ökologischen Umgestaltung des Emschersystems ist es, den Fluss und seine Nebenbäche wieder in einen naturnahen Zustand zu versetzen.